OKTOBER 16–JANUAR 17:
ICH BIN KRANK UND
DAS IST NICHTS „NORMALES“


Im Oktober 2016 traten auf Talinas Bauch und Arm unspezifische Hauterscheinungen auf. Auch wenn sie, wie sie sagt, nicht ängstlich ist, hatte sie schon zu diesem Zeitpunkt das Gefühl, dass das nichts „Normales“ ist, was einfach wieder weggehen würde.

DANN BEGANN, WIE FÜR VIELE MENSCHEN MIT SELTENEN ERKRANKUNGEN, EINE LANGJÄHRIGE ÄRZTEODYSSEE AUF DER SUCHE NACH DER URSACHE BZW. EINER GESICHERTEN DIAGNOSE.

Die erste Anlaufstelle zur Abklärung der Symptome war die Hautambulanz im Universitätsklinikum Mannheim. An der Rezeption schilderte sie ihre Symptome, woraufhin sie ein. Formular zum Ausfüllen erhielt. Auf dessen Basis wurde sie anschließend ohne persönliche Vorstellung oder Untersuchung beim Arzt zu einem nicht weiter spezifizierten niedergelassenen Dermatologen geschickt. Es folgten Besuche bei verschiedenen Dermatologen und Hausärzten. In verschiedenen Tests (Bluttests, Abstriche, Stuhltests, Allergietests) wurden Pilze, allergische Reaktionen oder eine bakterielle Infektion als Ursache für die Symptome ausgeschlossen.

"Irgendwas stimmt nicht"

Eine radiologische Untersuchung bzgl. einer möglichen Krebserkrankung der Lunge blieb ebenfalls ergebnislos. Behandlungsversuche der Symptome fanden mit Kortison und Antibiotika statt. Ein weiterer Dermatologe entnahm die erste Gewebeprobe mit dem Ergebnis „unspezifische Ulzeration“ und überwies Talina an die dermatologische Abteilung des Universitätsklinikums Heidelberg zur Abklärung der Verdachtsdiagnose Anthrax. Eine weitere noch zu erwähnende Verdachtsdiagnose in diesem Zeitraum war ein „eingewachsenes Haar“ bei der Vorstellung im Tropeninstitut. Dorthin wurde Talina von ihrem Hausarzt aufgrund einer vorangegangenen Kubareise überwiesen.


FEBRUAR 17–APRIL 17:
EINMAL DURCH DIE HÖLLE
UND WIEDER ZURÜCK


Der erste Assistenzarzt, auf den Talina dann in der dermatologischen Abteilung des Universitätsklinikums Heidelberg traf, machte einen ahnungslosen Eindruck. Bei der anschließenden Untersuchung durch den Oberarzt wurden zu diesem Zeit-punkt schon unkonkret „lymphomatoide Papulose“ und „Leukämie“ als mögliche Ursachen genannt (das wird im weiteren Verlauf von Talinas Geschichte noch mal wichtig). Der Termin endete mit einer Probenentnahme an Brust und Oberschenkel zwecks histologischer Untersuchung. Drei Wochen später fand die Befundbesprechung statt. Der zuerst anwesende Assisten-zarzt interpretierte die Ergebnisse als Mycosis fungoides (MF), ein T-Zell-Non-Hodgkin-Lymphom oder wie der Arzt wenig empathisch erläuterte: „ein bösartiger und unheilbarer Krebs“.

Der erste Assistenzarzt, auf den Talina dann in der dermatologischen Abteilung des Universitätsklinikums Heidelberg traf, machte einen ahnungslosen Eindruck. Bei der anschließenden Untersuchung durch den Oberarzt wurden zu diesem Zeit-punkt schon unkonkret „lymphomatoide Papulose“ und „Leukämie“ als mögliche Ursachen genannt (das wird im weiteren Verlauf von Talinas Geschichte noch mal wichtig). Der Termin endete mit einer Probenentnahme an Brust und Oberschenkel zwecks histologischer Untersuchung. Drei Wochen später fand die Befundbesprechung statt. Der zuerst anwesende Assisten-zarzt interpretierte die Ergebnisse als Mycosis fungoides (MF), ein T-Zell-Non-Hodgkin-Lymphom oder wie der Arzt wenig empathisch erläuterte: „ein bösartiger und unheilbarer Krebs“.
Genauere Informationen sowohl zum Tumor als auch zur Streuung sollte eine Ganzkörper-CT acht Wochen später im Krebszentrum Heidelberg (NCT) bringen. Eine Blutentnahme für ein TCR Rearrangement, eine Untersuchung zur diagnostischen Abgrenzung der Parapsoriasis en plaques von Frühformen der Mycosis fungoi-des, erfolgte direkt und war unauffällig. Die folgenden acht Wochen durchlebte Talina die Hölle. Zwischen Ungewissheit, Panik, Todesangst und Hilfl osigkeit erlebte sie diese Zeit wie in Trance. Dazu kamen Panikattacken, Nachtschweiß und das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren. In den Phasen, in de-nen Talina dazu in der Lage war, nutzte sie die Zeit, um sich selbst zu informieren. Viele Fragen, die sie beschäftigten, beispielsweise bezüglich Therapiemöglichkeiten, Chemotherapie, Verlust der Haare, Tod oder welche Untersu-chungen wann und wo anstünden, wurden jedoch nicht beant-wortet. Sie suchte Rat bei einem niedergelassenen Onkologen sowie bei befreundeten Medizinern, ebenfalls Onkologen, aus München und New York.

WIE VIELE PATIENTEN MIT LEBENSBEDROHENDEN ERKRANKUNGEN SUCHTE AUCH SIE NACH ALTERNATIVEN ODER KOMPLEMENTÄREN THERAPIEFORMEN UND BESUCHTE HEILPRAKTIKER, OSTEO-PATHEN ODER AKUPUNKTURSPEZIALISTEN.

Freunde und Bekannte waren sehr betroffen, konsultierten Dr. Google und gaben gut gemeinte Laiendiagnosen sowie Behandlungsempfehlungen ab. Dies empfand Talina jedoch nicht als Hilfe, sondern es verunsicherte sie noch mehr. Ihrem Beruf als Sucht-beraterin konnte sie aufgrund ihrer psychischen Verfassung nur noch schwer nachgehen. Auch ihre Partnerschaft war belastet und Talina fühlte sich stark abhängig von ihrem Partner, dessen Unterstützung ihr Halt in dieser Lebensphase gab. Weitere Unterstützung erhielt sie von einer Psychoonkologin, den Kontakt bekam sie im Universitätsklinikum Heidelberg. Diese Psychologin reichte übrigens auch Beschwer-de bezüglich Art und Ablauf des Aufklärungsgesprächs durch den Assistenzarzt ein.